KAB Diözesanverband Paderborn

Brutstätten für Corona

Wer die Lage bei Beschäftigten in der Fleischindustrie seit Jahren beobachtet hat, war nicht im geringsten überrascht: Knochenarbeit weit über acht Stunden täglich, überbelegte Unterkünfte mit schimmeligen Wänden und kaputten Sanitäranlagen, Bewegung nur zwischen dem Arbeitsplatz und dem abgesperrten Wohnbereich, lange Trennung von Familie und Freunden – wer unter solchen physischen und psychischen Bedingungen längere Zeit existieren muss, ist natürlich besonders gefährdet, krank zu werden. Eigentlich ist dann kaum noch ein hochansteckendes Virus nötig. Bisher wurde das Problem oft elegant gelöst, indem die nicht mehr Arbeitsfähigen in ihre südosteuropäische Heimat zurückgeschickt wurden. Papst Franziskus hat in Evangelii gaudium Nr. 53 kritisiert, dass solche Menschen wie Müll, wie Abfall behandelt werden.

Noch einmal haben die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung und etliche andere Anfang März davor gewarnt, dass sich unter diesen sklavenähnlich Beschäftigten und Untergebrachten sehr schnell Hotspots der Corona-Ansteckung entwickeln könnten. Im vergangenen Jahr stellte das NRW-Arbeitsministerium in einer flächendeckenden Recherche fest, dass es nur bei ganz wenigen Schlachtbetrieben keine gravierenden Verstöße gegen Arbeitsschutz und Hygienevorschriften gab – und diese wenigen Betriebe waren nur klein. Also: Behörden und auch die breite Öffentlichkeit konnten es wissen oder haben es gewusst, aber Konsequenzen wurden kaum gezogen. Einzige bedeutende Maßnahme war, dass Finanzen für eine flächendeckendere unabhängige Beratung der Beschäftigten zur Verfügung gestellt wurden. Allerdings hat etwa der Caritasverband des Erzbistums Paderborn schon vor Jahren in Rheda-Wiedenbrück eine solche Beratungsstelle eingerichtet, weil es klar war, wie notwendig so etwas ist.

Abschaffung der Werkverträge für das Kerngeschäft eines Unternehmens, umfassende Kontrollen der Arbeitsbedingungen, unabhängige Kontrollen der Unterkünfte (nicht durch die Kommunen, die von den Steuergeldern der Unternehmen leben), ein Lieferkettengesetz, das die Verantwortlichkeit für Zulieferer beim Generalunternehmer festschreibt, armutsfeste Mindestlöhne, sprachliche, juristische, medizinische und sozialarbeiterische Betreuung von Beschäftigten aus anderen Herkunftsländern – alles ist notwendig, um die Situation zu verbessern.

Geklärt wäre damit immer noch nicht, ob die Tätigkeit dieser Menschen wirklich dem Ziel der „Mitarbeit an Gottes Schöpfung“ entspricht. Denn dabei ginge es nicht nur um den Umgang mit den Beschäftigten, sondern auch um Produkte und Produktionsbedingungen, die den Kriterien von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung entsprechen. Die aktuelle Gesetzesvorlage zur Abschaffung von Werkverträgen in der Fleischindustrie ist so gesehen nur ein erster, kleiner Schritt.

Konrad Nagel-Strotmann, KAB-Diözesanvorsitzender

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