KAB Diözesanverband Paderborn

Digitalisierung und die Zukunft der sozialen Sicherheit

Veränderungen am Arbeitsplatz, Homeoffice, Datenschutz oder Benutzerfreundlich­keit – das sind die Stichworte, die oft im Zusammenhang mit der Digitalisierung diskutiert werden. Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung KAB im Erzbistum Pader­born stellte eine andere Frage: Wie verändert die Digitalisierung die Grundlagen für unsere Systeme zur sozialen Sicherheit? Als Gesprächspartner in der Fußgängerzone in Hamm stellten sich die Bundestagskandidaten Arndt Hilwig (CDU), Michael Thews (SPD) und Martin Kesztyüs (Bündnis 90 / Die Grünen) zur Verfügung. Konrad Nagel-Strotmann, Diözesan­vorsitzender der KAB, konfrontierte die Politiker mit der Einschätzung der KAB, dass nach über 130 Jahren das System von Kranken- und Rentenversicherung an ein Ende kommt, weil lebens­lange Erwerbsarbeit ihre Grundlage bildet. Solche Normalarbeitsverhältnisse würden sich aber immer mehr auflösen. Plattformökonomie oder Clickworking sind Stichworte dafür, immer schnellere Technologiewechsel machen ein lebenslanges Lernen für immer neue Berufe nötig.

Die meiste Begeisterung für den digitalen Wandel zeigte Kesztyüs. Arbeits­abläufe können vereinfacht werden, der Klimaschutz ist viel leichter zu erreichen und das Potenzial der Digitali­sierung ist auch in der Politik noch bei weitem nicht erkannt – so seine Einschätzung. Um die Veränderungen zu bewältigen schlage seine Partei den Ausbau des Rechtes auf Weiterbildung vor, sie lehne unbegründete befristete Arbeitsverträge ab, fordere eine langfristige Betreuung bei Arbeitslosigkeit und diskutiere ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Hilwig sieht in der Digitalisierung große Chancen, aber auch viele Herausforderungen. Die soziale Sicherheit müsse weiter über die Erwerbsarbeit – mit einem neu geregelten Tarif­vertrags­recht und einem Ausbau der betrieblichen Alterssicherung – organisiert werden. Vollbeschäftigung sei dafür als Ziel zentral. Weitere Anstrengungen müsse es geben bei der Unterstützung von Selbstständigen und in der beruflichen Bildung. Insgesamt müssten die sozialen Sicherungssysteme stabil ausgerichtet werden.

Thews sprach neben den Themen Bildung, Homeoffice und Datensouveränität besonders an, dass die Erwerbsarbeit sich sehr verändert. Als Aufgabe sieht er, die Digitalisierung nicht privaten Konzernen zu überlassen; da gäbe es von kommunaler bis hin zur europäischen Ebene schon gute, aber noch stark ausbaufähige Ansätze. Zur Finanzierung der Umbrüche und der Unterstützung von finanzschwächeren Menschen seien Steuererhöhungen bei Besser­verdienenden und eine Transaktionssteuer nötig.

Nagel-Strotmann wies darauf hin, dass die Digitalisierung in immer größerer Geschwindigkeit die Produktivität steigere, die Gewinne daraus blieben aber bei wenigen privaten Unternehmen. Die Machtverhältnisse in der Arbeitswelt, aber auch bei demokratischen Prozessen, verschöben sich noch mehr zu Gunsten dieser Unternehmen. Die Produktivitätssteigerungen stellten die Mittel zur Verfügung, um allen Menschen in unserem Land eine menschenwürdige soziale Sicherheit zu gewährleisten. Nicht nur über die Erwerbsarbeit, sondern auch für bürgerschaft­liches Engagement und Familienarbeit in Erziehung und Pflege müsse ein Anspruch für diese Sicherheit bestehen.

Beim Publikum wurden die unterschiedlichen Einschätzungen interessiert zur Kenntnis genommen. Wolfgang Kollek von der KAB in Hamm meinte, die Politiker hätten sich zwar zum Teil detailliert zu technischen Fragen des Umgangs mit Digitalisierung geäußert, aber für die Absicherung der in der Coronazeit als „systemrelevant“ erkannten personennahen Arbeiten, für die Einbeziehung des Ehrenamtes und der Familienarbeit gäbe es noch kaum Ideen. Ludwig Stratenschulte ergänzte: „Es hat keine Antworten gegeben, wie unsere Gesellschaft eigentlich in 50 Jahren aussehen soll und wie und unter welchen Umständen wir die Digitalisierung dafür nutzen können.“ Die Politik scheine ideenreich, aber leider ziemlich visionslos. Da gäbe es für die KAB als Bewegung für soziale Gerechtigkeit noch viel zu tun.

 

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Die Podiumsteilnehmer (v.l.): Konrad Nagel-Strotmann (KAB); Martin Kesztyüs (Bündnis 90/Die Grünen), Michael Thews (SPD), Arndt Hilwig (CDU), Ludwig Stratenschulte (KAB)

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