Die Kirchengemeinde mit der eigenen Kita und der eigenen Finanzverwaltung, die Ordensgemeinschaft mit dem eigenen Krankenhaus oder der eigenen Schule – alle Einrichtungen nahe an den engagierten Ehrenamtlichen: das ist wohl alles ein Idyll aus vergangenen Zeiten. „Konzern Kirche“ hatte die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DiAG MAV) im Erzbistum Paderborn ihren diesjährigen Tag der MAVen überschrieben. Denn längst sind die Verwaltungseinheiten größer geworden, die einzelnen Betriebsstätten und Einrichtungen nur ein Puzzle in ihrem jeweiligen Konzern und damit die Mitarbeitervertretungen erst dann gefragt, wenn alle strategischen Entscheidungen längst gefallen sind.
So war die Grundthese der Veranstaltung, zur der die DiAG in die Stadthalle Hagen eingeladen hatte und der ca. 450 Mitglieder von MAVen gefolgt waren. Klare inhaltliche Impulse kamen von Martin Schenk, Vorsitzender der DiAG und Mitglied der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes, von Dr. Norbert Gescher, bundesweit tätiger Fachanwalt für die Beratung von MAVen, und von Dr. Jonas Hagedorn, Professor für Sozialethik in Bochum.
Ebenso eingeladen war die KAB. Sie hatte einen Info-Stand aufgebaut, an dem während aller Unterbrechungen des Bühnenprogramms pausenlos Gespräche über den Verband, seine Anliegen und seine Bildungsarbeit stattfanden.
In der Podiumsrunde der Impulsgeber war die KAB durch den Diözesanvorsitzenden Konrad Nagel-Strotmann vertreten. Engagiert wurden hier die Möglichkeiten und Grenzen der MAV-Arbeit diskutiert, die aus einer Zeit stammen, in der der Umfang der heutigen Konzernbildung noch unvorstellbar war.
Deutlich wurde der „Dritte Weg“ des kirchlichen Arbeitsrechtes problematisiert. In schönen Worten ist dort beschrieben, dass Dienstgeber und Dienstnehmer gemeinsam vertrauensvoll an der kirchlichen Sendung der Reich-Gottes-Verkündigung arbeiten sollen. Tatsächlich wird aber überall von außerkirchlichen Regelungen abgeschrieben, allerdings unter Ausschluss des Streikrechtes. Nicht einmal die Parität in der Mitbestimmung, für die es starke Stimmen auf kirchlicher Arbeitnehmerseite gibt, konnte bisher umgesetzt werden.
Konrad Nagel-Strotmann wies darauf hin, dass nach Bibel und Tradition der katholischen Soziallehre die Mitgestaltung einer solidarischen und gerechten Gesellschaft Kernthema des kirchlichen Auftrages ist. Dazu gibt aber die Mitarbeitervertretungsordnung kaum eine Handhabe, und auch bei den Bischöfen ist nicht zu erkennen, dass sie dieses Thema in den Mittelpunkt des kirchlichen Handelns stellen – weder bei Ehrenamtlichen noch bei den professionell dafür Eingestellten. Kritisiert wurde, dass sie sich immer mehr auf die individuelle Seelsorge konzentrieren.
Mit Beifall und eigenen Beiträgen unterstützte die Versammlung die Aufrufe und Vorschläge aus dem Podium, hier aktiver zu werden. Ein erster Schritt kann sein, die bestehenden Möglichkeiten der MAVen deutlicher auszuschöpfen, strategischer zu planen, sich stärker zusammenzuschließen und zu organisieren und nicht zuletzt in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass unsere Gesellschaft ohne personennahe Dienstleistungen nicht lebensfähig wäre.
Konrad Nagel-Strotmann
Weitere Infos und Bildmaterial finden Sie unter: Tag der MAVen 2024 - Tag der MAVen 2024 - Termine - DIAG MAV (diag-mav-pb.de)